Flug im Doppelsitzer mit Turbo, erst im Flachland, dann doch mit Kurs auf die Berge. Recht starker Nordostwind führt am Nachmittag zu Leethermik.
Bei Unterwössen waren wir schon tief, aber mit dem Flugplatz als Stütze suchten und fanden wir letztlich Hangwind mit dessen Hilfe wir weiterfliegen konnten. (Plan A: Hangwind finden, Plan B: Motor ziehen in Reichweite U-Wössen, Plan C: Landung).
Nachdem wir das Hangwindsystem und die dann und wann auftretenden Leebärte ausprobiert hatten, flogen wir Richtung Westen ab.
Leider gab es keinen Aufwind, der uns bis an die Basis gebracht hätte, wir waren also die ganze Zeit weit unter Gipfelhöhe, mein Vertrauen auf den Nordostwind war aber recht groß.
Die Querung des Inntals war problemlos, jedoch funktionierte der Hangwind an den Wendelsteinvorbergen nicht.
Die Querung des Tales bei Hundham ging mit 1,5 Metern Saufen einher. Als wir Sicht auf Geitau hatten, bezweifelte ich, daß wir es bis dorthin schaffen könnten.
Nun schaute ich das erste Mal auf den Talboden statt auf das Relief und realisierte, daß wir 1.) nur noch 300 m AGL hatten und 2.) das Gelände unlandbar aussah.
Völlig kurz entschlossen, als Notlösung zündete ich den Motor, völlig ohne Arbeitsteilung im Cockpit.
Der sprang an und lieferte auch das benötigte Steigen.
Wenige Kilometer weiter funktionierte auch der Nordosthangwind wieder und wir erreichten sicher Königsdorf.
Glück gehabt. Nicht gut.
Im Rückblick neigen wir ja alle zu Rationalisierungen und Rechtfertigungen, warum wir das getan haben, was wir getan haben, ich will versuchen so aufrichtig wie möglich zu schildern, wie wir in diese Situation kommen konnten.
Die Grundlagen: der Copilot hat nur wenige Stunden auf Segelflugzeugen und keine Erfahrung im Gebirge, keine Erfahrung mit Turbos.
Die Wetteroptik war viel verheißungsvoller, als die Realität. Besonders die zerrissene Leethermik, die nicht mehr ins obere Stockwerk reichte, führte zu mühsamer und frustrierender Hangachterei.
Als ich dann endlich dem Hangwindsystem vertraute, ging ich mental zu einer vertrauten Routine über: *Plan A* Hangfliegen, *Plan B* dabei von Flugplatz zu Flugplatz abstützen. Keinen Plan C.
ABER: die Flugplätze sah ich nicht auf der Moving Map, denn die hatte der Copilot hinten, d.h. ich konnte keine Ankunftshöhen sehen, ich hatte das “nur so im Gefühl”. So war ich dann überrascht zu sehen wie tief wir waren in Bezug nach Geitau.
Plan A (Hangwind) funktionierte nicht und Plan B verpuffte, als ich Geitau sah.
Einen Plan C (Außenlandefelder scannen) hatte ich in diesem Moment nicht.
So kam ich innerhalb einiger Sekunden als Rettung auf einen Nicht-Plan: Motor anmachen.
(Wie sich später heraus stellte, waren wir in diesem Moment direkt über einem Klasse-A-Landefeld in Hundham, aber das wußte ich nicht, weil ich die Moving Map nicht hatte. Die Wiesen drumherum waren alle SEHR wellig)
Die schwierige Frage lautet nun: wie verhindere ich, daß diese Option plötzlich als (unbewußte) Handlungsalternative auftaucht, wenn die *Pläne* “aufgebraucht” sind?
Wie wäre ich geflogen, wenn ich keinen Turbo dabei gehabt hätte?
Die vielen Abstürze von Turbos in den letzten Jahren, sind die vielleicht aus genau so einer Situation entstanden?